Bericht über das

1. Fach-Symposium zum Ausbau des Frankfurter Flughafens

Der Lärmminderungsplan als Instrument einer nachhaltigen Gebietsentwicklung

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Das Rhein-Main-Institut ist vom Erfolg seiner ersten Tagung überrascht. Das Symposium zum kommunalen Instrument des "Lärmminderungsplanes" lockte am 13. September über 150 Besucher in den Bürgersaal Buchschlag. Darunter befanden sich auch über 40 Bürgermeister, Magistratsmitglieder und Kommunalbeamte aus den Städten und Gemeinden des Rhein-Main-Gebiets. Die Veranstalter konnten darüber hinaus zahlreiche Kommunalparlamentarier, aber auch viele interessierte Bürger begrüßen.

Gegenstand der von den Professoren Martin Kaltenbach (emeritierter Herzspezialist der Universitätsklinik Frankfurt am Main), Friedrich Thießen (Ökonom an der Universität Chemnitz) und Martin Führ (Umweltjurist an der FH Darmstadt) geleiteten Tagung war der "Lärmminderungsplan". Dieses vor 10 Jahren an etwas versteckter Stelle im Bundesimmissionsschutz-Gesetz verankerte Planungsinstrument birgt für die Kommunen im Rhein-Main-Gebiet einen besonderen Reiz: Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme können sie "Maßnahmen zur Lärmminderung oder zur Verhinderung des weiteren Anstiegs der Lärmbelastung" festlegen. Diese Maßnahmen sind nicht auf die originären Zuständigkeiten der Gemeinde begrenzt, sondern können auch andere Behörden in Zugzwang bringen. Damit steht den Behörden ein "juristischer Hebel" zur Lärmminderung zur Verfügung.
Die Gemeinden sind, was lange Zeit kaum wahrgenommen wurde, sogar verpflichtet, derartige Maßnahmen zu entwickeln.

Die Tagung eröffnete Prof. Dr. Martin Führ. Er stellte das Anfang August neugegründete RMI vor: "Hauptaufgabe des RMI ist es, Perspektiven einer nachhaltigen Regionalentwicklung aufzuzeigen." Dazu will das RMI Ergebnisse aus der Wissenschaft für die Öffentlichkeit "übersetzen"; aber umgekehrt auch Anregungen aus den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen in die Wissenschaft hineintragen. Die Funktion des RMI sei die einer Vermittlung und Vernetzung zwischen Wissenschaft und Bürgerschaft.
Auf dieser Grundlagen sei es dann möglich, wissenschaftliche fundierte Zukunftsszenarien zu entwickeln und bestehende Planungen zu hinterfragen. Prof. Führ verwies auf das Beispiel des Planfeststellungsverfahrens für die Müllverbrennungsanlage im Osthafen von Frankfurt, wo eine fundierte Kritik zur Aufgabe der Baupläne geführt habe. "Es ist keine Mäkelei oder Miesmacherei, wenn man kritische Fragen stellt, sondern Pflicht und demokratisches Recht der Bürger, die sich um Ihr Gemeinwesen sorgen" und: "Es lohnt sich, auf wissenschaftliche Argumente zu hören und den Dingen auf den Grund zu gehen".

Der Erlanger Mediziner und Lärmforscher Prof. Spreng schilderte in seinem Vortrag eindrucksvoll die gesundheitlichen Wirkungen des Lärm. Gerade Verkehrs- und Fluglärm löse Angst- und Stressreaktionen aus. Da das Ohr niemals schlafe, laufen diese Prozesse auch in der Nacht ab. Prof. Spreng hob hervor: "Lärm hat auch unterhalb der Aufwachschwelle erhebliche gesundheitliche Auswirkungen". Aus gesundheitlicher Sicht sei ein Spitzengrenzwert von 53 dBA am Ohr des Schläfers zu fordern. Die Einzelschallereignisse und nicht ein rechnerischer Dauerpegel sei für die gesundheitliche Wirkung ausschlaggebend. Damit war auf medizinischer Grundlage die Notwendigkeit der Lärmminderung beschrieben.
Rechtsanwalt Möller-Meinecke erläuterte dann die rechtliche Bedeutung des Lärmminderungsplanes. Er habe eine oftmals übersehene rechtliche Bedeutung. Zwar binde der die Planungsbehörden nicht in vollem Umfang, je besser die Kommunen jedoch den Sachverhalt aufarbeiten und je sorgfältiger sie die verschiedenen Aspekte gegeneinander abwägen, desto schwere falle es etwa dem hessischen Wirtschaftsminister, eine davon abweichende Entscheidung zu begründen. Notfalls könnten die Gemeinden die Durchsetzung ihrer Lärmminderungsmaßnahmen auch gerichtlich einfordern. Für die anwesenden Kommunalvertreter war damit deutlich, daß der Bundesgesetzgeber ihnen mit dem Lärmminderungsplan einen "juristischen Hebel" in die Hand gegeben hat, der zum Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren, aber auch zur Gesundheitsvorsorge nutzbar ist. Der Rechtsanwalt empfahl den Kommunen, sich einer externen Projektsteuerung zu bedienen und die Bürger frühzeitig an der Planung zu beteiligen.
Den Einwand in der Diskussion, damit werde das St. Florians-Prinzip herausgefordert, ließ Möller-Meinecke nicht gelten. Nur ein ausgewogener Plan entfalte Wirkungskraft. Die Gemeinden seien daher gut beraten, die Kirchturmperspektive zu verlassen und andere Aspekte angemessen zu würdigen.
Dipl.-Ing. Joachim Wempe erläuterte die Service-Angebote des Umlandverbandes für die Lärmminderungsplanung. Die dort vorhandenen, in elektronischer Form aufbereiteten Lärmdaten erleichtern den Kommunen den Start in die Bestandsaufnahmen. Damit lassen sich die Kosten erheblich senken. Der UVF kann auch beratend zur Seite stehen und damit die Kommunen entlasten.

Am Nachmittag erläuterte Dipl.-Ing. Thomas Myck, Lärmspezialist des Umweltbundesamtes in Berlin, die aktuelle Diskussion um Lärmgrenzwerte auf Bundesebene und in der EG. Er machte deutlich, daß hier - nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse der medizinischen Lärmforschung - mit erheblichen Verschärfungen der Werte zu rechnen sei. Dies Entwicklung verbessert die Argumentationsbasis der Kommunen, die schon heute Zielwerte ihren Lärmminderungsplänen zugrundelegen wolllen, die über das geltende Regelwerk hinausgehen.

Abschließend erläuterte die Stadtplanerin Dipl.-Ing. Christine Meinecke die einzelnen Planungsschritte. Sie machte deutlich, daß ein sorgfältiges Vorgehen mit einigem Aufwand verbunden ist. Diese Einschätzung wurde in der Diskussion von Vertretern der Städte Kelsterbach und Mörfelden-Waldorf, die bereits an entsprechenden Plänen arbeiten, bestätigt. Beide Gemeinden wollen aber den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen. Sie streben an, einen hochwertigen Lärmminderungsplan zu erarbeiten, der auch vor Gericht zum Lärmschutz für die Bevölkerung beitragen könne.

In seiner Zusammenfassung der inhaltlichen Ergebnisse der Tagung nannte Prof. Führ vier Punkte:

  1. Die Problemlage sei evident. Die medizinischen Ergebnisse belegen den akuten Handlungsbedarf.
  2. Die Gemeinden könnten mit dem Lärmminderungsplan durchaus etwas zugunsten ihrer Wohnbevölkerung erreichen. Hier komme es vor allem auf die Kraft der Argumente an.
  3. Die Lärmminderungsplanung stellt die Kommunen vor neue, bislang unbekannte Herausforderungen.
  4. Insgesamt sei der Aufwand jedoch im Hinblick auf das Ziel angemessen. Die Tagung habe gezeigt, daß hier ein lohnendes Instrument für die Kommunen bereit stehe.

In seinem Schlußwort dankte Prof. Dr. Friedrich Thießen allen Teilnehmenden. Er wies darauf hin, daß die Durchführung der Tagung von privaten Spendern ermöglicht wurde und dankte der Freien Wählergemeinschaft Dreieich für deren logistische Unterstützung und die Bereitstellung des Veranstaltungsraumes.
Thießen stellte abschließend die Angebote des Rhein-Main-Instituts vor. Er verwies auf die mit dem heutigen Symposium eröffnete Veranstaltungsreihe, die am 17. Oktober mit einer Tagung zur " Leistungsfähigkeit von Verbundkonzepten" fortgesetzt werde. Eine weitere Tagung widmet sich der Arbeitsplatzentwicklung im Rhein-Main-Gebiet.
Geplant sei außerdem, ein Zukunftsforum einzurichten, in dem Perspektiven für die Region zu entwickeln seien. Thießen: "Das RMI lädt alle gesellschaftliche Gruppen ein, sich an dem Zukunftsforum zu beteiligen". Unterstützung von Seiten der Kommunen, aber auch von einzelnen Bürgern und Firmen sei willkommen.

 


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